Besuche Jüdischer Bewohner und Nachrufe

Fünfzehn Nachkommen von Vöhler Juden besuchten Vöhl anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Vereins. Hier sind Bilder von dem Besuch.

Gruppenfoto vor Landschaft

Foto: Ulrich Müller

11. Juli 2024 Das Gruppenfoto zu Beginn des Abends. Links der neunköpfige Block der Familie Baird, gefolgt von Ruben und Ingrid Herzberg aus Hamburg, Camille Calman und Elizabeth Foote sowie Michael und Dalia Dimor. 2. von rechts: Bezirkspräsident Mark Weinmeister aus Kassel.

Grafiknachweis

Stehender Redner mit sitzendem Zuhörer im Hintergrund

Foto: Walter Schauderna

11. Juli 2024 Der Regierungspräsident Mark Weinmeister aus Kassel und der Vereinsvorsitzende Karl-Heinz Stadtler.

Stehender Redner vor Tafelrunde im Restaurant

Foto: Walter Schauderna

11. Juli 2024 Alle Anwesenden stellen sich vor. Das ist Flynn Baird, der übrigens derzeit bei Porsche in Stuttgart arbeitet, der Stadt, die seine Urgroßeltern 1939 in Richtung USA verließen und so dem Holocaust entkamen.

Grafiknachweis

Zuhörer/innen-Gruppe in der Synagoge

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Beim „Empfang“: H. Heider vom Netzwerk für Toleranz, das die Schirmherrschaft für das Jubiläum übernommen hat, rechts neben ihr Th. Brömmelhaus vom Verein Rückblende - Gegen das Vergessen Volkmarsen; links davor Bürgermeister K. Kalhöfer, im linken Türrahmen Pfarrer M. Müller, im rechten Türrahmen Herr und Frau Göbel, an der linken Säule Camille Calman und Elizabeth Foote, im Vordergrund Michael Dimor und die Familie Baird.

Menschengruppe am Eingang des Friedhofs

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Beim Besuch des jüdischen Friedhofs: Ingrid Herzberg und Dalia Dimor, dahinter Eliszabeth Foote. Rechts daneben: Günter Maier und Christian Schnatz.

Einzelne Gesprächsgruppen auf dem Friedhof

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Ulrich Müller und Ruben Herzberg an der Gedenktafel, Elizabeth Foote geht dorthin. Carol Baird und Karl-Heinz Stadtler im Vordergrund.

Vier Männer unterhalten sich auf dem Friedhof

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Vater Steve Baird und Sohn Geoffrey Baird mit den Enkelkindern Galen und Flynn.

Menschengruppe um ein Denkmal, was vom Künstler beschrieben wird

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Der Künstler und Kunsthandwerker Christian Schnatz erklärt, wie er die Gedenktafel auf dem Friedhof hergestellt hat. von links nach rechts: Michael Dimor, Theo Brömmelhaus, Oberst a.D. Jürgen Damm, Ingrid und Ruben Herzberg.

Zwei Männer beim Grillen und ein Gast

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Mittagessen in Müllers Garten. Ulrich Müller und Peter Göbel an den beiden Grills, Rind- und Schweinefleisch streng getrennt.

Frau und Mann auf einer Bank

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Anna Evers und Günter Maier vom Förderkreis.

Video: Ulrich Müller

12. Juli 2024 Johannes Grötecke und jüdische Zuhörer erzählen jüdische Witze.

Frau am Rednerpult in der Synagoge

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Prof. Dr. Christiane Brüning stellte sich und uns in ihrem Vortrag die Frage, ob und vor allem wie die Shoah in Zukunft erinnert werden soll.

Frau mit Tallit am Tisch in der Syngoge

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Sahra Küpfer beim Kiddusch am Freitagabend vor der Jubiläumsfeier in der Synagoge.

Zwei Musikerinnen auf der Bühne in der Synagoge

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Sahra Küpfer und Beate Lambert sorgen für die musikalische Umrahmung der Feier.

Video: Ulrich Müller

12. Juli 2024 Begrüßung durch den Vorsitzenden des Förderkreises der Synagoge in Vöhl.

Video: Ulrich Müller

12. Juli 2024 Carol Baird, assistiert von Karin Keller, für die Nachkommen der Familie Frankenthal. Ihre Erinnerungen hat sie in der Broschüre: "Memories from Carol Davidson Baird" niedergeschrieben"

Video: Ulrich Müller

12. Juli 2024 Daniel, Noah und Steve Baird mit dem Song „Deportieren“, in dem es um die Frage geht, ob irgendjemand wirklich realisiert hat, dass niemand mehr zurückkommt.

Video: Ulrich Müller

12. Juli 2024 Günter Maier, ehemalige Pfarrer von Vöhl, beschreibt in seinem Rückblick die Geschichte des Fördervereins.

Ein Mann bekommt eine Urkunde vom Redner überreicht.

Foto: Walter Schauderna

12. Juli 2024 Philipp Wecker, 2. Vorsitzender des Fördervereins, überreicht Urkunden und Anstecknadeln an die neuen Ehrenmitglieder, hier vertreten durch Peter Göbel.

Grafiknachweis

Menschengruppe auf der Straße vor Abzweig eines Gässchens

Foto: Walter Schauderna

13. Juli 2024 Das Interesse an der Benennung des bisher namenlosen Gässchens unterhalb der Synagoge in Salomon Bär Gässchen war groß.

Straßenschild mit Erklärung

Foto: Walter Schauderna

13. Juli 2024 Salomon Bär war 40 Jahre lang Lehrer an der jüdischen Schule in Vöhl. Er lebte von 1815-81.

Frau mit Infotafel vor Hausgarten

Foto: Walter Schauderna

13. Juli 2024 Carol Baird enthüllt die Haustafel vor dem Haus auf dem Schulberg.

3 Personen mit einer verhüllten Info-Tafel

Foto: Walter Schauderna

13. Juli 2024 Ruben Herzberg und Elizabeth Foote enthüllen die Gedenktafel am Haus in der Arolser Str. 8.

Mann vor Infotafel an Pfeiler

Foto: Walter Schauderna

13. Juli 2024 Michael Dimor vor der Gedenktafel auf dem Grundstück Arolser Str. 13.

Video: Ulrich Müller

13. Juli 2024 Auf dem Podium vlnr.: Dr. Wolfgang Werner, "Arbeitskreis Rückblende - Gegen das Vergessen" in Volkmarsen; Dr. Annegret Wenz-Haubfleisch, Landsynagoge Roth; Dr. Marion Lilienthal, Gedenkportal Korbach; Moderator Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar; Sebastian Sakautzki, Gedenkstätte und Museum Trutzhain; Dr. Martin Arnold, Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis; Julia Drinnenberg, Jüdische Abteilung im Museum Hofgeismar.

Vier Sängerinnen vor Publikum auf einer Bühne

Foto: Walter Schauderna

13. Juli 2024 Aquabella. Ihr einziges Instrument ist ihre Stimme. A capella Konzert mit Maria Thomaschke, Pamela Neuffer, Nina Gronich und Bettina Stäber.

Grafiknachweis

Blick in Kirchenschiff von der Empore beim Gottesdienst

Foto: Ulrich Müller

14. Juli 2024 Gottesdienst in der evangelischen Martinskirche in Vöhl.

Zwei Pfarrer am Altar

Foto: Walter Schauderna

14. Juli 2024 Pfarrer Matthias Müller und Günter Maier gestalteten den Gottesdienst gemeinsam, auch im Dialog.

Menschengruppe vor einer Gedenkmauer mit Garten

Foto: Ulrich Müller

14. Juli 2024 Auf Einladung von Herrn und Frau Klein, Besuch des Platzes des gegenseitigen Respekts am Eingang des jüdischen Friedhofs in Volkmarsen.

Gruppenbild vor offenen Hauseingang

Foto: Ulrich Muller

14. Juli 2024 US-Amerikaner, Hamburger, Volkmarser und Vöhler am Eingang zum Gustav-Hüneberg-Haus in Volkmarsen.

Kellergewölbe mit mittigem Pfeiler und Treppenabgang

Foto: Ulrich Müller

14. Juli 2024 Die mittelalterliche Mikwe im Gustav-Hünberg-Haus in Volkmarsen: Wenn man auf der Glasplatte steht, kann man das Wasser in der Tiefe sehen.

Drei Personen am Abend in einem Hotelsaal

Foto: Walter Schauderna

14. Juli 2024 Abschiedsabend mit Sahra Küpfer, Elisabeth Foote und Karl-Heinz Stadtler. Karl-Heinz Stadtler dankt den Gästen für ihr Kommen und den Vorstandsmitgliedern und ihren Partnern für ihr Engagement vor und während des Jubiläums.

Gesprächsgruppen in einem Hotelsaal

Foto: Walter Schauderna

14. Juli 2024 Abschiedsgespräche.

 HNA 25.4.2023

Menschengruppe vor Fachwerkhaus

Auf Spurensuche in Altenlotheim unterwegs waren die Schwestern Hella Buchheim und Paulette Buchheim. Hier mit (von links) Frankenaus Erstem Stadtrat Rainer Lange, Ortsvorsteher Heiko Backhaus, Karl-Heinz Stadtler von der Synagoge Vöhl und dem stellvertretenden Ortsvorsteher Jonas Bremmer. Sie stehen vor „Buchtals-Haus“ (jetzt Heidels) am Kirchplatz, in dem jüdische Vorfahren der Amerikanerinnen gelebt haben.

 

So viel wie möglich erfahren

Nachfahren der jüdischen Familie Frankenthal in Altenlotheim

VON SUSANNA BATTEFELD

Altenlotheim — „Wir möchten soweit wie möglich zurückgehen“, sagt Paulette Buchheim, „teilweise bis zu fünf Generationen“. Die 65-jährige Amerikanerin ist derzeit mit ihrer Schwester Hella (70) auf Spurensuche ihrer jüdischen Vorfahren in Deutschland.

"Am Wochenende waren sie auch in Altenlotheim, wo ihre Ururgroßeltern namens Frankenthal gelebt haben. Gemeinsam mit Karl-Heinz Stadtler vom Förderkreis der Vöhler Synagoge — der einen Stammbaum der Familie Frankenthal-Grüneberg ausgedruckt hatte – gingen die Schwestern in Altenlotheim unter anderem zu Buchtals und Itziges Haus, wo Ahnen der Familie Frankenthal gelebt haben.

Ortsvorsteher Heiko Backhaus, der mit seinem Stellvertreter Jonas Bremmer und Frankenaus Erstem Stadtrat Rainer Lange an dem Treffen teilnahm. schenkte den amerikanischen Gästen ein Exemplar der Altenlotheimer Festchronik, die zur 750-Jahr-Feier 2004 erschienen ist. Darin ist ein Kapitel den Juden in Altenlotheim gewidmet. Der inzwischen. Verstorbene Heimatforscher Walter Zarges geht unter anderem auf die Judenhäuser in Altenlotheim um 1930 ein. Demnach lebten im Haus Buchtal die Eheleute Bernhard Strauß und Ida, geborene Reinberg. und damit Vorfahren der Schwestern.

„Es ist immer eine spannende Geschichte, wenn Menschen von weither kommen, um Nachforschungen über ihre Ahnen zu betreiben“, sagte Karl-Heinz Stadtler gegenüber unserer Zeitung. Die Amerikanerinnen seien durch die Homepage der Synagoge Vöhl auf ihn gestoßen und hätten sich bei ihm gemeldet, berichtet der Vorsitzende des Förderkreises. In Vöhl habe er anschließend mit ihnen noch die alte Synagoge den jüdischen Friedhof und die beiden Häuser der Familie Frankenthal besucht.

„Wir wollen so viel wie möglich erfahren über unsere Vorfahren - auch über ihr Leben vor dem Holocaust”, sagt Paulette Buchheim, die in Boston lebt und aktuell eine zweiwöchige Rundreise mit ihrer Schwester unternimmt. Sie habe über Google und Facebook geforscht und „Stücke zusammen gesetzt“, berichtet sie.

Das Interessanteste in Deutschland sei für sie, dass Familien über viele Jahre in einem Haus leben, merkt ihre Schwester Hella Buchheim an. „Das ist völlig anders als in Amerika: Wir ziehen alle fünf Jahre um.“

WLZ ©Julia Janzen 21.05.2019

Menschengruppe vor Thoravorhang in Synagoge

Besondere Besucher: Camille Calman und Elizabeth Foote (von links) aus Salt Lake City in den USA, und Daniel und Jeffrey Baird (zweite Reihe von rechts), ebenfalls aus Amerika. Den jüdischen Gottesdienst leiteten Amnon Orbach (vorne Mitte) und Thorsten Schmermund (hinten mit Brille).
© Renner


Die Nachfahren Vöhler Juden waren zum 20-jährigen Jubiläum zu Gast.
David und Geoffrey Baird, Söhne von Carol Baird, Abkömmlinge der Frankenthals, die bis zu ihrer Deportation 1942 auf dem Schulberg wohnten;
sowie Elizabeth Foote und Camille Calman, deren Vorfahren aus der Familie Rothschild Vöhl bereits
in der Mitte des 19. Jahrhunderts in die USA verließen. Elizabeth Foote ist ein Nachfahre von Rothschild, Adolph und dessen Frau Rothschild, Kathinka. Deren Sohn Rothschild, Edward Otto ist ihr Ur-Grßvater.

Hier der Link zu dem Zeitungsartikel:

20 Jahre Förderkreis

Samstag, 3. September 2016

Frau und Mann mit Gitarre in Synagoge
Carol und Stefen Baird in der alten Synagoge 2016
Carol Baird ist die Enkelin von Ernst Davidsohn, der in Vöhl gelebt hat. Er ist 1940 über England nach USA emegriert.
1945 wurde Carol Joan Davidson geboren. Die Heirat mit Stephen Miller Baird war 1970. Sie  hat zwei Söhne Daniel Davidson Baird (geb. 1972) und Geoffrey Stuart Baird (geb. 1974), die auch Kontakt nach Vöhl haben.
Die beiden Zeitungsartikel in der WLZ Warnung vor Weg in neue Barbarei und Carol Braid berichten im Zusammenhang mit dem Besuch. 

 Waldeckische Landeszeitung und/oder Frankenberger Zeitung

Mittwoch, 14. September 2011, Seite 15

"Der Ort gehört zu unserer Geschichte"
Michael Dimor und seine große Familie aus Israel erkunden die Spuren ihrer jüdischen Vorfahren in Vöhl

Mehr als 80 Jahre nachdem seine Mutter Vöhl verlassen hat, kehrt Michael Dimor mit seiner großen Familie zurück. Zwei Tage lang suchen sie die Spuren ihrer jüdischen Vorfahren - mit Unterstützung von Zeitzeugen und Geschichtsfreunden.

Von Theresa Demski

Menschengruppe auf Jüdischen Friedhof
Gemeinsam mit seiner Tochter und seinen drei Enkelkindern machte
sich Michael Dimor auf dem jüdischen Friedhof in Vöhl auf Spurensuche
- Unterstützung gab es dabei vom ehemaligen Pfarrer Günter Meier.

Fotos: Theresa Demski

Vöhl. Nachdenklich sitzt Michael Dimor in der ersten Stuhlreihe in der Synagoge. Über ihm spannt sich der blaue Sternenhimmel des jüdischen Gotteshauses, die Sonne wirft einige Strahlen durch den gläsernen Davidstern. Später wird Michael Dimor sagen, er sei kein besonders emotionaler Mensch, er betrachte die Dinge sachlich.

In diesem Moment aber steht er auf, tritt vor seine Frau, seine Tochter und die drei Enkelinnen und betet hebräische Zeilen. Sie erinnern an die Opfer des Holocausts, den die Juden "Schoah" nennen. Als seine Stimme bricht, tritt Ehefrau Dalia neben ihn und liest weiter. Es ist eine aufwühlende Begegnung mit ihrer eigenen Familiengeschichte, der sich die Dimors an diesem Tag stellen. Eine Begegnung mit Großvater Moritz Mildenberg, der in Vöhl zu Hause war, seinen Enkel aber nie kennengelernt hat. "Er soll ein lustiger Mann gewesen sein", hat Vöhls Ortsvorsteher Karl-Heinz Stadtler herausgefunden, "auf Feiern hat er für Unterhaltung gesorgt." 1924 verließ er seine Frau, seine Kinder und Vöhl.

Zwei Männer mit Kopfbedeckung vor Menora
Ein berührender Moment in der Synagoge: Hier
las Michael Dimor ein hebräisches Erinnerungsgebet.

Zeitzeugen erzählen

Seine Spuren verfolgt Michael Dimor gestern nach seinem Besuch in der Vöhler Synagoge und auf dem jüdischen Friedhof weiter nach Sachsenhausen. Zeitzeugen warten hier auf den Besuch aus Tel Aviv und erzählen von einer kleinen Sensation. Während die Nazis 1945 bereits alle Juden, die in Hessen geblieben waren, deportiert hatten, blieb einer zurück: Moritz Mildenberg. "Er lebte bei uns bis 1945", erzählen die Sachsenhäuser, "hier versteckte ihn die Familie Grebe." Berührt staunt Michael Dimor über die Wendung der Geschichte. "Er war doch einer von uns", sagen die Menschen in Sachsenhausen. Sie alle waren damals Kinder, Moritz Mildenberg ein alter Mann. Er habe auf den Feldern gearbeitet, Vieh gehandelt und nie den gelben Davidstern getragen. "Er hatte immer einen Strohhalm im Mundwinkel", sagt einer schmunzelnd.

Im kalten Winter 1945 starb der letzte Jude im Ort an einem Herzinfarkt. "Mein Vater hat ihn mit seinem Wagen zur Beerdigung gefahren", sagt einer der Zeitzeugen. Nur einer sei damals mit schwarzem Zylinder und im Frack dem Trauerzug gefolgt: Greben Heinrich, der seinen ehemaligen Nachbarn in seinem Haus versteckt gehalten hatte. "Wir anderen lagen in den Büschen und schauten zu", erzählt ein anderer. "Hatten wir Angst und trauten uns nicht?", fragt er in die Runde. Eine Stunde später steht Michael Dimor zum ersten Mal am Grab seines Großvaters in Sachsenhausen. Seine Spurensuche endet hier nicht. "Ich weiß so wenig über die Lebensgeschichte meiner Mutter", sagt er, "sie hat nie von ihren Jahren in Deutschland erzählt."

Und das reichte am Ende vor allem Tochter Noga nicht mehr. "Ich hatte eine besonders enge Bindung zu meiner Großmutter", sagt sie, "und ich musste einfach diesen Ort sehen, denn er gehört zu unserer Geschichte." Und so haben Michael Dimor und seine Frau Dalia ihrer Tochter zum 50. Geburtstag diese "Reise zu den Wurzeln" geschenkt, wie sie ihren einwöchigen Urlaub in Deutschland nennen. Im Vorhinein haben sie geforscht, das Stadtarchiv in Korbach ebenso angeschrieben wie den Förderkreis der Vöhler Synagoge und Geschichtsforscher Lothar Albrecht in Sachsenhausen.

"Es ist schön, hier zu sein", sagt Noga Friedlender, als sie gestern Abend zurück nach Vöhl kommt. Immer sei da dieses schwarze Loch in ihrer Familiengeschichte gewesen. "Jetzt endlich fällt es sich mit Leben", sagt sie, "das ist sehr aufwühlend."

Bereits 1933 war ihre Großmutter mit ihrem Mann nach Israel geflohen. Vier Jahre später wurde dort Michael Dimor geboren. "Meine Mutter sprach kein Hebräisch, also sprach ich die ersten vier Jahre nur Deutsch, bis ich selbst entscheiden durfte", sagt er beinahe akzentfrei. Inzwischen lebt er in Tel Aviv, spricht Hebräisch besser als Deutsch und ist dort zu Hause. "Aber die Geschichte ist stark in uns", sagt seine Tochter, "und deswegen mussten wir die Lücken füllen. Ohne Wut oder Hass, sondern mit dem Wunsch, die Zukunft im Frieden zu gestalten."

 Waldeckische Landeszeitung und/oder Frankenberger Zeitung

Freitag, 21. August 2009

Ein Geschenk mit tieferer Bedeutung
Carol Baird übergibt traditionsreiche Schabbeslampe an den Förderkreis der Vöhler Synagoge

Mit der Schabbeslampe im Rucksack flüchtete ihre Großmutter 1939 aus Vöhl. Genau 70 Jahre später bringt Carol Baird das Erbstück ihrer Familie zurück - jetzt hat es einen Platz in der Vöhler Synagoge

VON THERESA DEMSKI

Frau und Mann mit Sabbatlampe
Während eines "Frankenthal-Tages" in der Vöhler Synagoge
übergab Frankenthal-Erbin Carol Baird die Schabbeslampe an
Karl-Heinz Stadtler vom Förderkreis.
                        Foto: pr

Vöhl. Carol Baird lacht gerne. Über das ganze Gesicht. Ihre Augen beginnen dann zu leuchten, ihre Hände manchmal zu klatschen. "Ich feiere gerne, ich feiere das Leben", sagt die 63-Jährige. Und keine Spur von Zorn oder Bitterkeit liegt in ihren Zügen. "Natürlich werden wir Juden das Unrecht des Naziregimes nie vergessen", sagt die Urenkelin von Bernhard Frankenthal, der 1942 (Anm. des Webmasters: 1934 muss es richtig heißen) in Vöhl starb. "Aber meine Familie und ich haben neu angefangen", erklärt Carol Baird, die gemeinsam mit Ehemann Steven und ihren Kindern in Kalifornien lebt.

Und weil die patente Amerikanerin sicher ist, dass Versöhnung und Veränderung nur von zwei Seiten ausgehen kann, dass jüdischer Glaube eben auch bedeutet, guten Worten gute Taten folgen zu lassen, hat sie zu ihrem Besuch in Vöhl die alte Schabbeslampe ihrer Familie mitgebracht. Im Rucksack ihrer Großmutter hatte die jüdische Lampe 1939 den Ort verlassen. Wie alt sie ist, weiß niemand, denn Urgroßvater Bernhard Frankenthal sammelte unzählige Antiquitäten. Auch welchen finanziellen Wert sie hat, wird noch festzustellen sein. "Aber der emotionale und der historische Wert werden für immer unbeziffert bleiben", betonen Carol Baird und Kurt-Willi Julius vom Förderkreis der Vöhler Synagoge.

Hier hat die Öllampe nun ein neues Zuhause gefunden und will dem Besucher nicht nur aus der jüdischen Geschichte, sondern vor allem von Versöhnung und tiefer Freundschaft erzählen. "Am Sabbath war jede Art von Arbeit verboten", erzählt Carol Baird aus der jüdischen Tradition, "nicht einmal ein Streichholz durfte entzündet werden." Also steckten die Menschen am Freitagabend die Schabbeslampe an. Bis zum Ende des Samstags sorgte die Öllampe für Licht in den jüdischen Stuben. "Aber diese Dauerleihgabe ist vor allem ein Zeichen des tiefen Vertrauens, das zwischen uns gewachsen ist", betont Julius.

Bereits 1960, damals noch als Kind, kam Carol Baird zum ersten Mal mit ihren Eltern nach Vöhl. Während vieler Besuche lernte sie die Geschichte ihrer Familie kennen, 1981 kam sie mit Ehemann Steven und den gemeinsamen Kindern. Es sei ihre Faszination für die Ahnenforschung gewesen und gleichzeitig der Wunsch, den Vöhlern die Hand auszustrecken. Die nahmen gerne an - nicht erst mit der Gründung des Förderkreises und der Eröffnung der Synagoge. "Als ich die Räume in 2000 zum ersten Mal betrat, weinte und zitterte ich", erinnert sich Carol Baird, als sei es gestern gewesen. Bis heute berührt sie der besondere Ort in Vöhl. "Mit meinem Geschenk möchte ich nun meinen Dank für die Hingabe ausdrücken, mit der sich die Menschen in dieser Synagoge Zielen wie Frieden und Völkerverständigung widmen", sagt sie.

Neun Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist sie zur Welt gekommen, auf den Tag genau 56 Jahre bevor das World-Trade-Center brannte. "Wir müssen auch in heutigen Zeiten Einsatz für die Menschlichkeit zeigen", ist sie deshalb sicher und fordert: "Lasst uns dabei zusammen positive Vorbilder für Juden und Deutsche sein. Nur so können wir sicheren Frieden erreichen, eine Welt reparieren, die einst und immer noch zu oft durch Hass kleinkarierte Nationen- und Stammeskonflikte auseinandergerissen wurde und wird."

HNA - Frankenberger Allgemeine
Mittwoch, 20. Juni 2007

Drei Personen mit Thorarolle in christlicher Kirche

Familie Auerbach und die Thora in der Kirche Frankenau
©Kurt-Willi Julius

Große Geste der Versöhnung
Die alte Thorarolle der jüdischen Gemeinde zurück in Frankenau
VON KIRA FRENK

FRANKENAU/VÖHL. Die alte Frankenauer Thorarolle ist am späten Montagabend nach Frankenau zurückgekommen: Feierlich begrüßten die Frankenauer mit Pfarrer Harald Wahl und Bürgermeister Reinhard Kubat die Familie Auerbach aus New York, die das Heilige Buch des Judentums für einige Tage wieder an den Ort zurückbrachte, von dem aus es während des Holocaust in die USA gerettet worden war. Vor der Kirche, an dem Platz, wo einst die Frankenauer Synagoge gestanden hatte, bedankte sich David Auerbach bei den Frankenauern für die Begrüßung und sagte: "Wir haben alle aus dem Holocaust gelernt. Im Judentum geht man in der Erinnerung nach vorne."

In den USA aufbewahrt

Die Thorarolle war ursprünglich aus den USA nach Frankenau gekommen: Der Großvater Suzan Auerbachs, Saul Katzenstein, der 1886 nach Nordamerika ausgewandert war, hatte sie seiner Heimatgemeinde im Jahr 1920 gestiftet. Später wurde die Thorarolle von Juden, die aus Deutschland flüchteten, in einem Möbelstück versteckt wieder in die USA gebracht. Sie wird seitdem im Temple Jesaiah der jüdischen Gemeinde in New York aufbewahrt. Es sei unüblich Thorarollen aus Synagogen zu entfernen, aber die New Yorker Gemeinde habe es möglich gemacht: "Uns hat viel an dieser Versöhnung-Geste gelegen", sagte David Auerbach.

Gemeinsam rollten David und Suzan Auerbach und ihre Tochter Deborah die Thora auf. Viele Neugierige strömten in die Kirche, um das dichtbeschriebene Pergament zu betrachten. Anschließend las der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Amnon Orbach auf Hebräisch aus dem Buch der Zahlen. Zum Abschluss gedachten die Besucher gemeinsam mit Pfarrer Wahl und den Auerbachs der jüdischen Opfer des Zweiten Weltkriegs. Der Posaunenchor Frankenau spielte zu Ehren der Gäste geistliche jüdische Lieder, darunter das feierliche Lied Hava Nagila und Shalom Aleichem, das am Beginn des Schabbat gesungen wird. David und Suzan Auerbach und ihre Tochter Deborah bedankten sich bei den Besuchern: "Frankenau ist eine kleine Stadt mit großen Menschen."


Menschengruppe vor breiter Eingangstreppe
Bruno Frankenthal und Pfarrer Wahl begrüßen die Thora in Frankenau
©Kurt-Willi Julius


Menschengruppe um aufgerollter Thorarolle
Amnon Orbach, Vors. der Jüd. Gemeinde Marburg, liest in Frankenau aus der Thora
©Kurt-Willi Julius


Menschengruppe mit Thorarolle in Synagoge
David Auerbach und Bruno Frankenthal lesen in der Synagoge in Vöhl aus der Thora
©Kurt-Willi Julius

 

Frankenau

Rückkehr der Thora-Rolle: Gedenktafel für die Kirchengemeinde

- Frankenau (sr). Über ein besonderes Geschenk freuten sich Pfarrer Harald Wahl und der Frankenauer Kirchenvorstand vor wenigen Tagen: Eine Erinnerungstafel von David Auerbach aus New York, der vor drei Jahren eine jüdische Thorarolle nach Frankenau brachte.

Mit der Grußbotschaft des „Reform Temple of Forst Hills“ an die evangelische Kirchengemeinde Frankenau bedankte sich David Auerbach. „Die Frankenauer Thora-Rolle kehrt zurück. Bewegender Gedenkgottesdienst – ein heiliger Moment“, lautet der Titel der Bildtafel. In einem Möbelstück versteckt hatten 1938 jüdische Frankenauer Bürger auf der Flucht vor dem NS-Regime zwei Thorarollen aus der Frankenauer Synagoge in die USA geschmuggelt. Salomon Katzenstein, Großvater von David Auerbachs Frau Susan, schenkte sie zur Erinnerung an seine im Holocaust umgekommenen Angehörigen der Synagoge in Queens bei New York. Rechtsanwalt Auerbach ließ sie aufwändig restaurieren und mit einem bestickten Mantel versehen. Im Jahr 2007 erhielt er die Erlaubnis, eine der beiden Rollen zur Bat Mitzwa (Mündigkeitsfeier) seiner Enkeltochter ins Jüdische Museum Berlin mitzunehmen. Über den Frankenberger Geschichtsverein stellte er vor seiner großen Reise den Kontakt mit der Kirchengemeinde Frankenau her. Mit Glockengeläut, Klängen des Posaunenchors, vielen teilnehmenden Bürgern und herzlichen Worten von Pfarrer Wahl wurde das Ehepaar Auerbach mit Tochter Deborah am 18. Juni 2007 in Frankenau begrüßt. „Mit der Erinnerungstafel findet eine Geste der Versöhnung ihren wunderbaren Abschluss“, sagte Pfarrer Harald Wahl. Er stellte die Bildtafel bereits dem Kirchenvorstand vor. Sie soll einen Ehrenplatz im Frankenauer Kirchengebäude erhalten.

Foto: Walter Schauderna

Im Jahre 2000 hat der Förderkreis Synagoge in Vöhl ehemalige Vöhler Bewohnerinnen und Bewohner jüdischen Glaubens in den Ort eingeladen. Das erste Zusammenkommen war im Café Tassius in Vöhl am 6. September 2000. Die Vorstellungsrunde wurde mit einem Tonband aufgenommen.

Folgende jüdische Personen oder deren Nachfahren waren in Reihenfolge der Sitzrunde anwesend:

Walter Mildenberg (*1921) und Marian Mildenberg, geb. Katz (*1925); USA; siehe: Stammbaum Familie Mildenberg, Levi

Youtube-Kanal

Text

Gisela Frees, geb. Mildenberg (*1931) und Werner Frees; Vöhl; siehe:  Stammbaum Familie Mildenberg, Mayer

Youtube-Kanal

Text

Ursula Behrend, geb. Mildenberg (*1924) und Howard Behrend (*1923); USA; siehe:  Stammbaum Familie Mildenberg, Levi

Youtube-Kanal

Text

Carol Baird, geb. Davidsohn, ihre Großmutter war Ida D., geb. Frankenthal (*1945) und Stephen Baird (*1944); USA; siehe:  Stammbaum Familie Frankenthal, Herz

Youtube-Kanal

Text

Geffroy Baird (*1974), seine Urgroßmutter war Ida Davidsohn., geb. Frankenthal; USA; siehe: Stammbaum Familie Frankenthal, Herz

Youtube-Kanal

Text

Walter Rothschild (*1920) und Sonja Rothschild, geb. Jäger; Argentinien; siehe:  Stammbaum Familie Rothschild, Ascher + Sprinz

Youtube-Kanal

Text

Richard Rothschild (*1905) und Gerda Rothschild, geb. Westfeld (*1913); Israel und Deutschland; siehe:  Stammbaum Familie Rothschild, Ascher + Sprinz

Youtube-Kanal

Text

Rudolf Rothschild (*1931) und Sigrid Rothschild, geb. Mayer; Argentinien; siehe:  Stammbaum Familie Rothschild, Ascher + Sprinz

Youtube-Kanal

Text

Henriette Hennig hat die Audioaufnahmen 2018 bei ihrer Tätigkeit als Landkulturbotin transkribiert:
Komplette Mitschrift der Vorstellungsrunde

Die weiter anwesenden Personen waren (in Reihenfolge der Sitzrunde):
 
Person Funktion
Kurt-Willi Julius  Förderverein Synagoge in Vöhl
Ilse Schenk  Förderverein Synagoge in Vöhl
Dr. Ingrid Engelsing Ärztin in Vöhl
Barbara Sahra Küpfer Förderverein Synagoge in Vöhl
Heinz Schäfer Förderverein Synagoge in Vöhl
Anna Evers Förderverein Synagoge in Vöhl
Günter Maier Pfarrer in Vöhl
Claus Hömberg Architekt der Renovierung
Birgit Stadtler Förderverein Synagoge in Vöhl
Sandra Stadtler  Förderverein Synagoge in Vöhl
Peter Göbel  Förderverein Synagoge in Vöhl
Karl-Heinz Stadtler Förderverein Synagoge in Vöhl
 
Hier können sie die gesamte Aufnahme abspielen:
 

Diese Besucherrunde war der Anfang des Programms für den 

Besuch ehemaliger jüdischer Bewohner/innen im September 2000.

30. Dezember 2005 und 23. Januar 2006
Baruch Dajan Emet

Wir trauern um Gerda und Richard Rothschild, die (wie wir leider erst am 5. März 2006 durch eine E-mail erfahren haben) vor einiger Zeit im Abstand von nur wenigen Wochen in Azeret bei Rechovot in Israel verstorben sind. Beide konnten sich nicht mehr von den Folgen von Lungenentzündungen erholen. Unser aufrichtiges Beileid und tief empfundenes Mitgefühl gilt allen Angehörigen und Freunden des Ehepaars.


27. März 2008
Baruch Dajan Emet
Wir trauern um Walter Mildenberg, der am 13. Februar verstorben ist.


Februar 2009
Baruch Dajan Emet

Wir trauern um Ruth Zur, geb. in Gemünden/Wohra, die im Jahr 2000 in Vöhl zu Gast war.


Februar 2011
Baruch Dajan Emet
Wir trauern um Bruno Frankenthal, geb. 1917 in Altenlotheim, der im Jahr 2007 in Vöhl zu Gast war. Er verstarb, wie wir erst jetzt erfuhren, in Rischon Lezion am 27.07.2010.


Dezember 2020
Im Gedenken an
Gisela Frees, geb. Mildenberg, ist gestorben. Sie war keine Jüdin, aber ihr Vater Max Mildenberg war Jude. Gut ins dörfliche Leben integriert, hatte er eine evangelische Christin geheiratet. Als Gisela 7 Jahre alt war, wurde ihr Vater am 10. November 1938 vom Polizeimeister und zwei Vöhler Männern, die sich in vergleichbaren Situationen öfter hervorgetan hatten, verhaftet, aus dem Haus geholt, zunächst in Kassel inhaftiert und dann ins KZ Buchenwald gebracht. Gisela sah ihren Vater dann im Februar 1939 ein letztes Mal. Er musste ins Ausland gehen, wurde 1940 wieder verhaftet, war in mehreren KZs in Frankreich, bevor er am 2. September 1942 von Paris nach Auschwitz deportiert und dort wohl am 6. September in der Gaskammer umgebracht wurde. Gisela Frees hat dies erst fast 60 Jahre später erfahren. Aber auf dem Grabstein ihrer 1975 gestorbenen Mutter hat sie eine Erinnerungsplakette für ihren Vater anbringen lassen. Den größten Teil ihres Lebens hat sie in Wuppertal gelebt, wo man nicht wusste, dass sie die Tochter eines Juden war. Die letzten Jahre wohnte sie wieder im Elternhaus in Vöhl, zunächst einige Jahre mit ihrem Mann, nach dessen Tod dann alleine. Vor wenigen Jahren berichtete sie entsetzt, dass sie beim Einkaufen einen jungen Mann, der sicherlich noch nie wissentlich Kontakt mit Juden hatte, sagen hörte: „Da sieht’s wie bei Judden aus.“ Sie hatte nun für einige Zeit durchaus Angst.Sie starb in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 2020. Im Förderkreis Synagoge in Vöhl werden wir uns stets gern an sie erinnern. 

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