Steingasse 20

Zweistöckiges verputztes Fachwerhaus
23.03.2006 © Kurt-Willi Julius

19   Steingasse Nr. 20
(dol) Jakob Dilloff, heute Schreinerei Walter Hartmann, war ein alter Mann. Seine Tochter Jeny betreute ihn und eine geisteskranke Tochter Berta. Zwei weitere Töchter lebten in Oberhausen/Rhld. Eine hatte ein Putz- und Modegeschäft und war mit einem Christen verheiratet. Diese Tochter hatte zwei Kinder, Irma und Lotte. Sie war sehr elegant und weilte oft mit Kinderfräulein in den Ferien. Die andere Tochter hatte ein Kind namens Edith. Die Söhne der Dilloffs lebten auswärts. Am „Schawwes" (gemeint ist der Sabbat, der Sonntag der Juden) kam Herr Dilloff aus der Synagoge. Der Tisch war festlich mit Matzen und Berges gedeckt. Ein besonderer Leuchter zierte den Tisch. Die Nachbarn legten Kohle und Holz zur Erhaltung des Feuers auf, weil die Juden dies am „Schawwes" nicht durften.

(kin) Im Haus Steingasse 20 lebte die Familie Jakob und Sara Dilloff. Sie dürften in den 1920-er Jahren verstorben und in Frankenberg auf dem Jüdischen Friedhof beerdigt sein.

Das Ehepaar hatte mehrere Kinder: Recha (*1879 in Frankenberg), Hedwig (*1880 in Frankenberg) und Rudolf Dilloff (*1892 in Frankenberg). Recha Dilloff heiratete einen Herrn Joseph und lebte mit ihm in Oberhausen.

Um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen, floh sie nach Holland. Von ihrem Wohnort in Apeldoorn wurde sie nach der deutschen Besatzung über das Lager Westerbork in Holland im Juni 1943 in das Vernichtungslager Sobibor verschleppt und dort unmittelbar nach ihrer Ankunft vergast. Sie wurde 64 Jahre.

Hedwig Dilloff heiratete etwa um die Jahrhundertwende Ferdinand Heinrich und lebte in dem Weindorf Casel bei Trier. Als Witwe zog sie im August 1933 nach Trier.

Im Oktober 1941 wurde die 61-Jährige von dort in einem Massentransport nach Lodz im besetzten Polen in das dortige Ghetto verschleppt und dort vermutlich im Vernichtungslager Chelmno vergast.

Rudolf Dilloff war geistig behindert. Im Alter von 28 Jahren kam er 1920 in die Psychiatrie in Haina. Zwanzig Jahre später wurde er im September 1940 in das Sammellager für jüdische Patienten in der Gießener Anstalt verschleppt und wenige Tage später in der Euthanasie-Mordanstalt Brandenburg ermordet.

Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig erinnern an die Bewohner des Hauses Steingasse 20:
Recha Joseph geb. Dilloff - *26.2.1879 in Frankenberg - ermordet 1943 Vernichtungslager Sobibor
Hedwig Heinrich geb. Dilloff - *20.11.1880 in Frankenberg - ermordet 1942 Vernichtungslager Chelmno
Rudolf Dilloff - *24.8.1892 in Frankenberg - ermordet 1940 Euthanasie-Mordanstalt Brandenburg

Zweistöckiges verputztes Fachwerhaus
24.05.2006 © Kurt-Willi Julius
3 Messingplatten im Pflaster mit Personendaten
01.03.2007 © Kurt-Willi Julius

Wir benutzen Cookies
Diese Website nutzt Cookies. Diese sind zum Teil technisch notwendig, zum Teil verbessern sie die Bedienung. Sie können entscheiden, ob sie dies zulassen. Bei Ablehnung sind manche Funktionen der Website nicht zu nutzen.