Dienstag, 20. Dezember 2022, Waldeckische Landeszeitung / Guten Morgen, Waldeck!
Beitrag zur Versöhnung
Gedenken an Sühnemord an polnischen Zwangsarbeitern
VON HEIKE SAURE
Vöhl-Herzhausen – Sechs junge Polen zwischen 18 und 31 Jahren wurden vor 80 Jahren nicht nur in Sippenhaft genommen, sondern auf grausame Art und Weise im Wald bei Herzhausen ermordet. Sie waren Zwangsarbeiter wie der damals 27-jährige Nikolay Gluszko, der vom Wachtmeister der Gemeinde-Gendarmerie Fritz Hamel verhaftet und seinem sicheren Todesurteil entgegengeführt wurde. Weil Gluszko sich der Verhaftung durch Tötung des Wachtmeisters entzog, wurde an sechs seiner Landsleute ein Exempel statuiert.
Gerade weil das Erinnern laut der stellvertretenden Bürgermeisterin Susanne Kubat unerlässlich sei, fanden sich Herzhäuser und Bürger aus der Gemeinde Vöhl im Wald bei Herzhausen zusammen, um den Getöteten zu gedenken. Pfarrer Jan-Friedrich Eisenberg hielt vor Ort eine Andacht.
Im zweiten Teil der Veranstaltung kamen Interessierte im Dorfgemeinschaftshaus zu Kaffee und Kuchen zusammen, zwei Schülerinnen der Ederseeschule sowie Karl-Heinz Stadtler erinnerten mit Vorträgen an den Sühnemord vom 19. Dezember 1942. „Waren Sie nicht beide Täter und Opfer zugleich?“. Diese Frage warf der Vorsitzende des Geschichtsvereins Itter-Hessenstein Volker König auf. Denn obwohl der polnische Zwangsarbeiter Unrecht tat, in dem er den ortsansässigen Fritz Hamel tötete, gelte es doch ebenso zu bedenken, dass er als Zwangsarbeiter wohl auch als „Untermensch“ gedemütigt wurde und die Tat im sicheren Wissen ausführte, sonst in den Tod geschickt zu werden.
Hamel seinerseits habe mit der Verhaftung und Überführung des polnischen Zwangsarbeiters zwar nur einen Befehl ausgeführt, doch auch ihm müsste klar gewesen sein, dass er damit das Todesurteil des jungen Mannes fällte.
Jan Krzymowski, Attaché für polnische Angelegenheiten des Generalkonsuls Köln, wusste diese Haltung zu würdigen. Sein Land habe im Zweiten Weltkrieg fast sechs Millionen Todesopfer zu beklagen gehabt, der menschliche Aspekt dieser Tragödie spiegele sich in Königs Worten. Das Gedenken am Polenkreuz, das alljährlich vom Geschichtsverein Itter-Hessenstein sowie dem Förderkreis der Synagoge in Vöhl veranstaltet wird, trage zur deutsch-polnischen Versöhnung bei.
Angesichts des Krieges in der Ukraine mahnte er, dass sich die Fehler des Zweiten Weltkrieges bereits wiederholen würden.
Mit den eindringlichen Worten: „Während ich hier spreche, sterben Menschen in Europa“ warb er für eine europäische Solidarität mit der Ukraine. „Wir dürfen nicht vergessen, wozu Menschen fähig sind“, schloss er seine Ansprache, bevor er gemeinsam mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Susanne Kubat einen Kranz in den Nationalfarben Polens niederlegte.