Vöhl – Mit be­ein­dru­cken­den Pro­jekt­prä­sen­ta­tio­nen über­zeug­ten die Land­kul­tur­bo­ten zum En­de ih­res Fe­ri­en­jobs: Wäh­rend der Som­mer­fe­ri­en hat­ten die sechs Schü­ler nach ei­ner aus­führ­li­chen Ein­wei­sung in Ei­gen­ver­ant­wor­tung Be­su­cher durch die Syn­ago­ge ge­führt, die Di­gi­ta­li­sie­rung des Ar­chivs un­ter­stützt, die So­ci­al-Me­dia-Sei­ten be­treut und schlie­ß­lich nach ei­ner ei­ge­nen Idee ein in­di­vi­du­el­les Pro­jekt ent­wi­ckelt.

„Ich bin im­mer wie­der be­geis­tert, wie die Ju­gend­li­chen sich en­ga­gie­ren“, freut sich Karl-Heinz Stadt­ler, Vor­sit­zen­der des För­der­krei­ses Syn­ago­ge Vöhl. „In den ver­gan­ge­nen sechs Jah­ren ha­ben schon 36 Schü­ler an un­se­rem Pro­jekt teil­ge­nom­men und ih­re Ab­schluss­ar­bei­ten vor­ge­stellt. Und doch ge­lingt es ih­nen, in je­dem Jahr im­mer wie­der neue The­men zu fin­den. Oh­ne fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung des hes­si­schen Mi­nis­te­ri­ums für Wis­sen­schaft und Kunst, der Na­tio­nal­park-Ge­mein­de Vöhl, des Land­krei­ses und des Netz­werks für To­le­ranz wä­ren die­se so wert­vol­len Fe­ri­en­jobs aber nicht mög­lich.“

Prak­ti­sche Un­ter­stüt­zung der Ar­beit des För­der­ver­eins als Land­kul­tur­bo­te leis­te­te un­ter an­de­rem No­ah Sach, Schü­ler der Eder­see­schu­le. In den neu­en Vi­tri­nen im Ober­ge­schoss wa­ren die aus­ge­stell­ten Ju­dai­ca, al­so für das Ju­den­tum re­prä­sen­ta­ti­ve Tex­te und Ge­gen­stän­de nicht be­schrif­tet – er mach­te sich dar­an, die­se Ar­beit zu er­le­di­gen.

Hand­werk­lich be­gabt, nahm er sich schlie­ß­lich noch den al­ten Orts­plan mit Häu­sern jü­di­scher Fa­mi­li­en vor. Er über­trug ihn vom in­zwi­schen ver­gilb­ten Pa­pier auf Holz und mit ei­nem Brand­kol­ben mar­kier­te er die be­tref­fen­den Häu­ser, so­dass sie auf den ers­ten Blick zu er­ken­nen sind.

Die­se Häu­ser ge­hör­ten auch zum Pro­jekt von An­ton Wen­sel, eben­falls Schü­ler der Eder­see­schu­le. Zur Vor­be­rei­tung auf das Ju­bi­lä­um zum 25-jäh­ri­gen Be­stehen des För­der­krei­ses im kom­men­den Jahr sol­len sie mit ei­ner kur­zen Zu­sam­men­fas­sung die Ge­schich­te der ehe­ma­li­gen jü­di­schen Be­woh­ner er­zäh­len. Drei Häu­ser ha­ben jetzt ihr Schild. Bis zum Ju­bi­lä­um im kom­men­den Jahr, wenn noch le­ben­de Be­woh­ner von da­mals ih­re Hei­mat be­su­chen, sol­len al­le fer­tig sein.

Ei­ne prak­ti­sche Idee, vor al­lem für ju­gend­li­che Be­su­cher und Kin­der, hat­te auch Lea-So­phie Ei­sen­berg von der Al­ten Lan­des­schu­le in Kor­bach. Sie ent­wi­ckel­te ei­nen QR-Code, der mit ei­ner Au­dio­füh­rung wie bei ei­ner Schnit­zel­jagd von Sta­ti­on zu Sta­ti­on zu wich­ti­gen Ge­gen­stän­den und Ele­men­ten führt. Wer die­ser folgt, sam­melt un­ter­wegs Buch­sta­ben für ein Lö­sungs­wort und kann sich am En­de ei­ne Be­loh­nung aus ei­nem Körb­chen mit­neh­men.

Das Le­ben von Adolf Eich­mann war das The­ma des Vor­trags von Piet Hart­mann, Schü­ler der Al­ten Lan­des­schu­le. Er ver­bin­det das Por­trät mit der Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und fügt da­bei auch die Bio­gra­fie von Her­mann Kru­mey ein, dem Wal­de­cker Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ten, der ne­ben Eich­mann als Ma­na­ger der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ver­nich­tungs­ma­schi­ne­rie in die Ge­schich­te ein­ging.

Die auf­wen­di­ge Prä­sen­ta­ti­on von En­ri­co di Ste­fa­no von der Schu­le an der War­te in Sach­sen­hau­sen zeig­te am Bei­spiel des ita­lie­ni­schen Spiel­films „Das Le­ben ist schön“ und der deut­schen Buch­ver­fil­mung „Nackt un­ter Wöl­fen“, wie un­ter­schied­lich die fil­mi­sche Auf­ar­bei­tung des Ho­lo­causts nach den Kriegs­jah­ren war. Ro­ber­to Be­nig­ni, der ita­lie­ni­sche Re­gis­seur, schrieb nach den Er­zäh­lun­gen sei­nes Va­ters ei­ne erns­te Ko­mö­die. Die Ver­fil­mung des Ro­mans von Bru­no Apitz da­ge­gen ist ge­prägt von sei­nen per­sön­li­chen Er­leb­nis­sen im KZ.

Fin­ja Grä­be, Schü­le­rin der Al­ten Lan­des­schu­le, er­in­ner­te schlie­ß­lich an Brei­ten­au, das ehe­ma­li­ge KZ, das schon 1933 ein­ge­rich­tet wur­de, vier Mo­na­te nach der „Ver­ord­nung zum Schutz von Volk und Staat“. Sie zeich­ne­te den lan­gen Weg bis in die 1980er Jah­re zur heu­ti­gen Ge­denk­stät­te.

Mu­si­ka­lisch be­glei­tet wur­de die fei­er­li­che Ver­ab­schie­dung am Kla­vier von Jo­sel Strauch. Gro­ßen Ap­plaus ern­te­te der jun­ge Pia­nist, der mit Stü­cken von Cho­pin, Tschai­kow­sky und Isaac Al­be­niz nicht nur Mu­sik­ken­ner im Pu­bli­kum be­geis­ter­te. Der 19-Jäh­ri­ge war Sie­ger im Lan­des­wett­be­werb von „Ju­gend mu­si­ziert“ und schreibt jetzt an ei­nem Or­ches­ter­ar­ran­ge­ment für ein So­lo­kon­zert. In der Syn­ago­ge spiel­te er zum zwei­ten Mal und freut sich schon dar­auf, bald wie­der zu­kom­men.