Donnerstag, 14. März 2024, Waldeckische Landeszeitung / Lokales
Musikalischer Hochgenuss
Kerstin Engel und Markus Gellrich begeistern in der Synagoge
Gelungenes musikalisches Debüt: Kerstin Engel und Markus Gellrich bei ihrem Auftritt in der Vöhler Synagoge. Foto: Walter Schauderna/PR
Vöhl– Stehend applaudierte das Publikum in der Vöhler Synagoge Kerstin Engel und Markus Gellrich nach zwei Stunden musikalischem Hochgenuss. Das Klezmer-Programm des neu gegründeten – übrigens noch namenlosen – Duos umfasste alle Facetten dieses emotional vielseitigen Musikgenres, dargeboten mit Hingabe und Virtuosität an Klarinette und Akkordeon.
Dass die beiden Musiker viel Spaß beim Proben für ihr erstes Konzert gehabt haben, spürte man gleich vom ersten Ton an. So erklang zunächst ein Stück eines großen Vorbilds von Kerstin Engel, des Klarinettisten David Orlowsky: „Noema“ umfasste gleich die volle Bandbreite der musikalischen Emotionen von zart und zurückhaltend bis überschäumend.
In den Bann der vielfältigen Klänge gezogen lauschte das Publikum verschiedensten Tänzen aus der osteuropäischen Tradition sowie neuen Kompositionen, charmant und humorvoll anmoderiert von Kerstin Engel. Vor dem inneren Auge sah man den jungen Mann mit seiner ersten Liebe tanzen („Ersther Vals“) sowie die schwarze Katze durch das Pariser Café streichen („Le chat noir“, Orlowsky).
Ein Stück von Guido Jäger, komponiert für dessen Tochter Sanna, erklang indes nicht zum ersten Mal in der Synagoge. Schon das Jerusalem-Duo hatte das Stück mit Klarinette und Harfe interpretiert. Die überaus abwechslungsreiche „Balkanplatte“ (Orlowsky) entließ das Publikum in die Pause. In „Nokh a por Teg“ (Guido Jäger) erklang dann das Bassetthorn, ein recht seltenes Instrument, das vor allem Mozart geliebt hat und das sozusagen das Cello in der Klarinettenfamilie repräsentiert. Mit einem Freilach nahm die zweite Konzerthälfte an Fahrt auf. Ebenso flott voran ging es in dem Stück „7:40“, einer Zugfahrt von Berditschew nach Kiew, bei der von den hierzulande so gern beklagten Verspätungen im Bahnverkehr nichts zu spüren war. Beim jiddischen Lied „Sholem sol sajn“ (Friede muss sein) von Joachim Johow erklang die zarte Melodie in unterschiedlichen Klangfarben, jeweils mit Bassetthorn, Klarinette und Querflöte gespielt.
Freude am Spiel merkte man den Musikern durchweg an, ob schnell oder langsam, laut oder leise, tanzend und Geschichten erzählend – immer ergänzten oder unterstützten sich Akkordeon und Klarinette, wobei Markus Gellrich, am Akkordeon mal unaufdringlich im Hintergrund, mal eigenständige Parts übernehmend stets mehr als nur Begleiter ist. Unterstützung holte sich das Duo in „Ose Shalom“, bei dem das Publikum einen Grundton summt, auf dessen Klangteppich das Friedenslied erklingt.
Mit „Vodka afinata“ (Orlowsky) ging der Konzertabend zu Ende, bevor das Publikum sich mit Applaus als Zugabe noch „Goldfinger“ (Florian Dormann) erklatschte. – Ein vielversprechender Anfang in der Musiklandschaft Nordhessens, der auf viele weitere musikalische Erlebnisse hoffen lässt. red