12.11.2019, Tag zur Freude und zur Trauer

 
 Tag zur Freude und zur Trauer
 
Eine Vöhler Flötengruppe spielte jüdische Weisen. Fotos: Nadja Zecher -Christ
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Nadja Zecher-Christ

VON NADJA ZECHER-CHRIST

Vöhl - Der 9. November ist ein Tag der Freude aber auch der Trauer. Freude bescherte der Fall der Berliner Mauer (1989), für Trauer sorgte das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte, denn bei der „Reichspogromnacht“ (1938) wurden jüdische Geschäfte und Synagogen in Brand gesetzt. Auch in Waldeck-Frankenberg verloren zahlreiche jüdische Bürger durch die NS-Rassenpolitik ihr Leben.

In Vöhl wurde wieder traditionell mit einer Gedenkfeier an die Holocaust-Opfer und deren Angehörigen gedacht. Die Veranstaltung wurde mit einem Friedensgebet in der Vöhler Martinskirche eingeläutet, umrahmt von einer Flötengruppe.

„Es gibt Tage, da weiß man nach Jahrzehnten noch, wo man gewesen ist“, sagte Pfarrer Jan-Friedrich Eisenberg. Er habe im Arbeitszimmer seines Vaters im Fernsehen vom Mauerfall erfahren. Er und die Eltern hätten gespannt die Ereignisse verfolgt.

Bei der Pogromnacht und beim Mauerfall sei man jeweils mit einer Regierung konfrontiert gewesen, die sich nicht um biblische Visionen scherte und keine Pluralismen duldete. Das eine Mal sei Deutschland in Schutt und Asche gelegt und vier Millionen Menschen unbeschreibliches Leid zugefügt worden. Beim anderen Mal sei äußerlich nicht viel zerstört worden, doch der Staat habe sich als riesiges Instrument der Repression entpuppt, welches eine freie Lebensentfaltung verhinderte.

Bürgermeister Matthias Stappert hielt in der Synagoge eine Gedenkrede und befand, dass der 9. November 1989 sich gut dazu eigne, die Einheit Deutschlands zu symbolisieren. Mit dem 9. November 1938 sei jedoch Leid über die Juden in Gestalt der Reichspogromnacht gekommen. Der Geist des Nationalsozialismus in Europa rege sich seit einigen Jahren wieder deutlicher und stärker und nannte dazu den Brexit und die Visegrád-Staaten. Nationale Egoismen brächen auf und die Gefahr wuchere auch in Deutschland von rechts und links. „Ich hoffe, dass Freiheitlichkeit, Bürgersinn und Klarheit des Denkens siegreich bleiben über Dummheit, Ignoranz, Moralismus und Parolen“, betonte Stappert.

Der ehemalige Vöhler Pfarrer Günter Maier verlas das Kaddisch-Gebet auf Deutsch, Barbara Küpfer trug es auf aramäisch vor. Auf dem Klavier und Flöten wurden jüdische Weisen vorgetragen. Tom Wiesemann, Najila Nazeri, Mali Klöcker, Leo Wilden und Laura Evers entzündeten 72 Teelichter zum Gedenken an die Holocaust-Opfer.

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