Vöhl – Das Programm der Landkulturboten in der ehemaligen Synagoge in Vöhl geht in die vierte Runde. „Wir hatten so viele Bewerber wie noch nie“, erklärte Karl-Heinz Stadler bei der Vorstellung der sechs Teilnehmer für 2021 am Dienstagabend. Gemeinsames Auswahlkriterium bei den Kandidaten aus der Alten Landesschule und der Ederseeschule war der touristisch-kulturelle Aspekt.

Denn neben der Vermittlung historischer Fakten und gesellschaftlicher Zusammenhänge spielte der persönliche Bezug zu Vöhl und den Vorzügen des Ortes in diesem Jahr eine Rolle.

„Die Beschäftigung mit einem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte und ihre Vermittlung im örtlichen Umfeld ist eine wichtige Aufgabe“, hob Bürgermeister Karsten Kalhöfer in seinem Grußwort die wichtige Rolle der sechs im Ort verwurzelten Schüler bei der Begrüßung von Gästen hervor, die bei ihrer Auseinandersetzung mit dem vielfältigen Themenkomplex von Judenverfolgung und Vernichtung im Dritten Reich auch die aktuellen Vorzüge von Vöhl erfahren sollen. Als Vorsitzender des Fördervereins konnte Stadtler mit Blick auf die zurückliegenden Jahre auf positive Auswirkungen der Besucher auf Gastgewerbe und Handel verweisen.

Unterstützung des Tourismus ist eine der vier Säulen des Projekts, Kulturförderung, Politik und Pädagogik sind weitere Grundpfeiler. Bei der Vermittlung von lokaler Geschichte wie der Verbindung zum Holocaust setzen die Projekte der aktuellen Teilnehmer an.

Erik Peper und André Stremmel wollen mittels „Augmented Reality“ die Synagoge wie in alten Zeiten auferstehen lassen. Mittels eines QR-Codes soll eine Simulation des früheren Gottesdienstraums auf dem Smartphone der Besucher erscheinen. Die Bildquellen dafür sind vorhanden, entsprechende Vermessungen wurden schon von einem Team geleistet, so Karl-Heinz Stadtler. Aber vor dem Erfolg stehen noch ein paar technische Hürden, so André Stremmel, der sich für die neue Dimension der Gedenkkultur von der App eines schwedischen Möbelhauses inspirieren ließ.

Marius Putscher und Anna Räbiger wollen mittels Alltagsmaterialien wie Eisstielen das Modell eines weniger bekannten Konzentrationslagers als Modell basteln. Eine unlängst in die Bibliothek eingereihte Sammlung enthält Material über weniger prominente Vernichtungslager, die als Grundlage dienen könnten. Niko Sell, in diesem Jahr der einzige Teilnehmer von der Ederseeschule, setzt auf direkten Ortsbezug und will einige Lebensbilder von Vöhler Juden erarbeiten. Als „native speakerin“ soll Kimberley Simon möglichst viele Seiten des Internetauftritts, der Facebook-Seite ins Englische übersetzen.

Vor der erfolgreichen Umsetzung des Augmented Reality-Projekts geht es nicht nur um technische Lösungen im Detail, sondern auch finanzielle Grundlagen für die Umsetzung. Karl-Heinz Stadtler will für die neue Attraktion aber noch einmal Spenden einsammeln.

Wie in den vorherigen Jahren bezahlen Sponsoren die Gehälter für die sechs Landkulturboten. Für das Jahr 2021 fungiert die Landeszentrale für politische Bildung erstmals und einmalig als Hauptsponsor, die Gemeinde Vöhl und das Netzwerk für Toleranz sind die weiteren Geldgeber.