Erstmals seit mehr als 80 Jahren wieder jüdischer Gottesdienst gefeiert

20 Jahre Förderkreis Synagoge: „Das sucht seinesgleichen“

Besondere Besucher: Camille Calman und Elizabeth Foote (von links) aus Salt Lake City in den USA, und Daniel und Jeffrey Baird (zweite Reihe von rechts), ebenfalls aus Amerika. Den jüdischen Gottesdienst leiteten Amnon Orbach (vorne Mitte) und Thorsten Schmermund (hinten mit Brille).

Vöhl – Mit dem ersten jüdischen Gottesdienst seit über 80 Jahren und einem Kommers wurde der 20. Geburtstag des Förderkreises der Synagoge Vöhl gefeiert. Angereist waren auch Gäste aus den USA.

„Dieser Abend wird mir lange in Erinnerung bleiben. Nach diesem beeindruckenden Gottesdienst fehlen mir fast die Worte“, sagte Petra Hegmann, Dekanin des Kirchenkreises Eder. So wie ihr erging es den meisten Besuchern des jüdischen Gottesdienstes in der ehemaligen Synagoge.

Ermöglicht hatten ihn Mitglieder der jüdischen Gemeinde aus Marburg. 18 Mitglieder, unter ihnen Amnon Orbach als Vorsitzender der Gemeinde, waren nach Vöhl gekommen, Thorsten Schmermund leitete den Gottesdienst.

Viele Redner nutzten im Anschluss die Gelegenheit, dem Förderkreis für seine wichtige Arbeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu danken. Der Verein sei nicht mit anderen vergleichbar, sagte Bürgermeister Matthias Stappert.

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Für Musik beim Kommers sorgten Barbara Küpfer (rechts) und ihre Musikschülerinnen.

Dass das Gemeindeparlament seinerzeit gegen den Kauf der alten Synagoge stimmte, sei am Ende gut gewesen. So sei der Förderkreis entstanden, der wichtige Aufgaben besser erfülle, als es die Gemeinde je gekonnt hätte. Der langjährige und bereits verstorbene Kurt-Willi Julius und der amtierende Vorsitzende Karl-Heinz Stadtler seien die „Motoren des Vereins“. Sie hätten die Synagoge über die Grenzen der Region hinaus bekannt gemacht. „Was hier stattfindet, ist Versöhnung“, sagte Stappert.

Erhard Wagner, Mitglied des Kreisausschusses, lobte: „Was hier in 20 Jahren organisiert wurde, sucht seinesgleichen.“ Die Nähe zwischen Förderkreis und evangelischer Kirche betonte Pfarrer Jan Friedrich Eisenberg. Es sei erstaunlich, was der Förderkreis auf die Beine stelle. Zu weiteren Gratulanten zählten auch Ernst Klein, Vorsitzender des Vereins Rückblende in Volkmarsen, und Dr. Gunnar Richter von der Landesarbeitsgemeinschaft Hessische Gedenkstätten.

Karl-Heinz Stadtler blickte zurück auf 162 Konzerte, die bisher stattfanden, berichtete davon, dass in 20 Jahren rund 400 000 Euro in die alte Synagoge investiert wurden und erinnerte seinerseits an Kurt-Willi Julius, der ein „Glücksfall“ für den Förderkreis gewesen sei. Und er mahnte: „Jeder von uns muss sich auch heute immer wieder vornehmen, nicht wegzuschauen.“ 

Nachforschungen über die Familie

Sichtlich bewegt war Elizabeth Foote, eine Nachkommin der Vöhler Familie Rothschild. Gut 15 Jahre stand sie zwar schon mit Karl-Heinz Stadtler, dem Vorsitzenden des Förderkreises, per Mail in Kontakt. Doch jetzt war sie erstmals selbst in Vöhl auf den Spuren ihrer Familie unterwegs.

Aus Salt Lake City im us-amerikanischen Utah war sie zusammen mit Camille Calman gekommen, auch sie stammt von der Familie Rothschild ab. Schon ihre Mutter habe 1977 mit Nachforschungen begonnen, um mehr über die Familie zu erfahren, berichtete Elizabeth Foote. 2004 sei sie selbst dann auf die Internetseite des Förderkreises gestoßen.

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Die ehemalige Synagoge in Vöhl

Mehrere Nachfahren der Familie Rothschild habe sie mittlerweile gefunden. Der Besuch in Vöhl „war für Camille und mich ein Traum“, sagte sie. Sie dankte dem Förderkreis mehrfach für die wichtige Arbeit, die er übernehme. Ein Exemplar des Buchs zur Familiengeschichte, an dem Foote derzeit arbeitet, will sie dem Förderkreis nach Fertigstellung zur Verfügung stellen.

Daniel und Jeffrey Baird aus San Diego und Seattle, waren ebenfalls zur Geburtstagsfeier des Förderkreises gekommen. Beide sind Nachfahren der Familie Frankenthal. Für Jeffrey Baird war es bereits der zweite Besuch in der Gemeinde am Edersee. Bereits vor 19 Jahren war er erstmals zu Besuch, um die frühere Heimat seiner Vorfahren kennenzulernen. Die Mitglieder beider Familien blieben mehrere Tage, erlebten Konzerte und erkundeten Vöhl.

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